Umgebung Karlsruhe: Marxzell. Moment mal, das kenn ich doch!
Hier war ich doch schon mal! Das denkt die Verfasserin dieses Textes, die in Karlsruhe aufgewachsen ist.
Der Fotograf
für diesen Artikel hat mich auf eine Empfehlung hin hierher gebracht. Nach einer 10-15 minütigen Autofahrt von Karlsruhes Stadtmitte aus in Richtung Bad Herrenalb denke ich schon, dass ich als Kind einmal mit meiner Klasse einen Ausflug zu genau so einem Museum gemacht habe. Und ich weiß noch, dass es da ganz viele wunderliche Geräte zu sehen gab, aus denen Musik rauskam, ohne dass sie jemand spielte. Und ein Kino gab’s auch. Ich konnte es nie vergessen, dieses kleine Museum. Ob es das ist?
Wir gehen rein
und lernen Wolfgang und Hubert Reichert, die Besitzer und Leiter des Museums kennen. Der Fotograf ist sofort begeistert und freut sich auf die vielen tollen Fotos! Doch ich frage Wolfgang und Hubert sofort: Wie lange gibt es das Museum schon, und kann es sein, dass ich als Kind schon mal hier war? Wolfgang sagt: Klar kann das sein. Denn das Museum gibt es ja schon seit 1968. Und hier kommen auch viele Schulklassen her. Und dann führt er mich durch das Museum, das jetzt noch größer ist als früher. Jetzt hat es nämlich eine Ausstellungsfläche von 3.600 m2. Aber jetzt weiß ich: das ist es wirklich! Und jetzt werde ich es mit den Augen einer Erwachsenen sehen!
Er denkt…
Im Fahrzeugmuseum Marxzell gibt es viele Dinge zu sehen, die aus unserer nächsten Vergangenheit stammen. Das Männerherz des Fotografen schlägt höher bei einem Adenauer-Mercedes oder einer Corvette, und James Dean und Elvis Presley als Hintergrundmotive machen die Reise in die rebellische Vergangenheit der Nachkriegszeit perfekt. Er lässt sein Auge schweifen über die vielen handgemalten Emaille-Schilder an den Wänden und – natürlich! – die alten Fotoapparate, für die das Fotomodell noch minutenlang stillhalten musste, bevor das Foto im Kasten war.
…und ich schwärme!
Mein Frauenherz schwärmt, wenn es die alten Kinofilme von früher sehen kann. In „Hurry Harry“, einem Film aus den 50er Jahren, manövriert einer so waghalsig durch die Stadt, dass er am Schluss nur noch in einer Blech-Lawine ankommt und mit dem losen Lenkrad in der Hand – und ich kann nicht anders als laut loszuprusten! Dann gib es noch die Butterbrot-Autos, die damals die erschwinglichsten Autos der Nachkriegszeit waren. Persil-Waschmittel mit der Persil-Dame von früher steht in einem kleinen Kiosk, der zeigt, wie früher Lebensmittel verkauft wurden: nämlich offen und nach Maß. Daneben steht ein PEZZI-Automat mit den kleinen Lutschbonbons: die standen früher an jedem Bahnhof.
Was alt ist, ist nicht immer besser – aber es hält länger!
Wolfgang erklärt, dass alle Ausstellungsstücke noch funktionstüchtig sind. Warum? Weil sie mechanisch betrieben werden und durch Instandhaltung immer weiter benutzt werden können und ja keinen Strom brauchen. Reifenwechsel? Das war früher gar nicht so einfach, weil es mal Zeiten gab, in denen Gummi sehr rar und teuer war. Also hat man den Reifen geflickt, so wie wir heute nur noch einen Fahrradreifen flicken würden. Ein Ausstellungsstück zeigt den Flicken an einem Reifen, der sehr robust aussieht. Und beweist: Die Materialien von früher sind wirklich beständiger! Oder wie soll man sich sonst erklären, dass es hier funktionierende Exponate gibt, die vom Anfang des letzten Jahrhunderts stammen?
Die Zeit zurückdrehen – und anhalten.
Erwachsene erinnern sich, Kinder lernen hier. Für alle aber steht die Zeit im Fahrzeugmuseum still. So wollte es Vater Bernhard Reichert, der Gründer des Museums: dass nichts in Vergessenheit gerät und jeder sich ansehen kann, wie Geräte und Fahrzeuge früher funktioniert haben. Und da sind sie bei Wolfgang und Hubert Reichert genau an der richtigen Adresse: sie können wirklich jedes Gerät, jedes Fahrzeug in ihrem Museum erklären. Seit sie Kinder sind, helfen sie ihrem Vater im Museum und übernehmen es, als der Vater es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kann.
Der Fotograf und ich tauchen aus der Zeitlosigkeit wieder auf und fahren nebeneinander, aber von unserem Lieblings-Wagen träumend nach Hause.
Ich sage:
Ich war mal Kind und war’s heut wieder. Ich sollte das öfter tun!
Der Fotograf sagt:
Ich war zum ersten mal da und werde es wieder tun!
Fahrzeugmuseum Marxzell
Neuenbürger Strasse 1
76359 Marxzell
Öffnungszeiten:
Täglich von 14:00 – 17:00
Telefon: 07248 6262, 07248 5230
Mobil: 0172 7232817
Internet: www.fahrzeugmuseum-marxzell.de
Text: Mayra Scheffel
Fotos: Arno Kohlem